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Prof. Dr. Kurt Singer - Leitgedanken

Lehrer-Schüler-Konflikte gemeinsam regeln
Unterrichtsstörungen und Erziehungsschwierigkeiten gewaltfrei bearbeiten –
Konfliktfähigkeit lernen

1. Nach dem Lehrer-Selbstbild fragen – Wer bin ich, wie möchte ich sein?

Die Art, in schulischen Konfliktsituationen zu handeln, hängt eng mit der Lehrer-Identität zusammen: Bin ich in der Schule so, wie ich sein möchte? Oder muss ich eine „Rolle“ spielen, die mir im Grunde nicht liegt? Bin ich mit meinem Handeln in Konflikt-Situationen zufrieden? Lehrerinnen und Lehrer, die ihr Ich-Ideal bewahren und es der Wirklichkeit annähern, haben in Konfliktsituationen einen sicheren Stand. Die von ihnen ausgehende Echtheit erleichtert es, Problemsituationen zu klären und zu bearbeiten.

2. Sich in Konfliktsituationen von den Schülern begreifen lassen

Lehrerinnen und Lehrer neigen dazu, die Kinder zu „erziehen“, statt die Beziehung zu klären. In der Konflikt bearbeitenden Beziehung geht es nicht darum, auf Kinder „einzuwirken“, sondern sich erkennen zu lassen: die eigenen Wünsche auszudrücken, Angst oder Wut spüren zu lassen, Freude oder Bedrückung mitzuteilen, Hoffnungen auszusprechen. – Wenn sich Lehrer begreifen lassen, haben Kinder eine Chance, auf sie einzugehen, sie zu verstehen. Die Lehrertugend, sich in Kinder einzufühlen, braucht auch die andere Seite: Kindern muss es möglich werden, sich in Lehrerin oder Lehrer einzufühlen.

3. Zuhören: „Ganz Ohr sein“ als gewalt-heilende Kraft – Einzel- und Kreisgespräch

Es ist zu wenig, wenn Lehrerinnen und Lehrern den Kinder „gut zureden“, auf sie einreden und sie belehren wollen. Hilfreicher ist, den Schülern in Ruhe zuzuhören, sie ausreden zu lassen: sich dafür interessieren, wie das Kind den Konflikt sieht, woran ihm liegt, was es sich wünscht; Anteil nehmen an seinen Sorgen, Ängsten, Schwierigkeiten, an Wut und Enttäuschung. Nur wenn Lehrer das Problem des Kindes kennen, können sie mit ihm gemeinsam den Konflikt regeln. Wenn sie ihm aufmerksam zuhören, fühlt es sich der Schüler ernst genommen; das stärkt sein Selbstwertgefühl. Indem das Kind ausreden darf und ihm zugehört wird, kann es sich den Erwachsenen kenntlich machen. Zuhören ist eine konflikt-lösende Kraft.

4. Beziehung aufnehmen - statt erziehen

Erwachsene lassen sich oft von der Ansicht leiten, sie müssten mit den Kindern etwas machen, über sie verfügen, ihnen ein bestimmtes Verhalten vorschreiben. – Der andere Weg ist, sich zu fragen: Was will ich tun, um die Beziehung zu verbessern? Wie kann ich für die Kinder mit meinen Wünschen deutlich werden? Wie können wir uns verständigen? – Die Frage nach dem Sich-durchsetzen weicht der Frage nach der Verständigung.

5. Sich Zeit nehmen – Lehrer und Schüler sollten die Langsamkeit entdecken

Konflikte entstehen auch dadurch, dass sich Lehrer unter Zeitdruck setzt: „Ich muss schließlich meinen Stoff durchbringen.“ Dabei wird den schuldlos Langsamen viel Unrecht zugefügt, denn jeder Mensch ist anders. Es entsteht eine unruhige, oft gehetzte Unterrichtsatmosphäre. Aber Lernen ist ein Wachstumsprozess; und Wachsen geht langsam vor sich. Diese Erkenntnis sollte in den Unterricht eingehen, zum Beispiel durch konsequente Leistungsdifferenzierung. Die „Entdeckung der Langsamkeit“ wäre eine kinderfreundliche Errungenschaft – und würde auch Lehrerinnen und Lehrern gut tun.

6. Etwas wieder gut machen lassen, statt strafen – Versöhnung ermöglichen

Lehrer denken in Konfliktsituationen schnell an Strafandrohung, Konsequenzen, Vergeltung. Die Schule wird in mancher Hinsicht zur Straf-Anstalt mit Verweisen, Nachsitzen, versteckten Strafaufgaben, Unterrichtsausschluss, unangesagten Proben, Notendruck. – Selbständig macht es hingegen, Kindern bei einem Fehlverhalten die Chance zu geben, Schaden wieder gut zu machen und sich um Versöhnung zu bemühen. Sie können dann Schuld abtragen, statt sich in Schuldgefühlen zu verstricken. Etwas wieder gut zu machen, hilft den Jugendlichen, sich mit dem Fehlverhalten auseinander zu setzen, um es nicht zu wiederholen. Es schützt sie vor der eigenen Aggressivität.

7. Aggressive Gefühle nicht unterdrücken – Lehrer-Aggression konstruktiv machen

Lehrergefühle von Zorn, Empörung, Wut und Angst gehören in die Auseinandersetzung. Sie zu unterdrücken, verschärft die Aggressivität und führt zu Dauerspannung und Isolation.

  • Mit der eigenen Wut in der Beziehung zu den Kindern bleiben.

  • Sich nicht in Machtkämpfe verwickeln.

  • Sich von der Aggressivität Jugendlicher nicht anstecken lassen.

  • Den eigenen Affekt verständlich machen und ihn zur Verständigung nutzen.

  • Sich gewaltfrei auseinander setzen, mildert die Angst und erleichtert die Problemlösung.

  • Sich als Lehrer für aggressive Überreaktionen bei den Jugendlichen entschuldigen.

 

8. Halt geben und Grenzen erfahren lassen – Gute Gewohnheiten ersparen Konflikte

Es macht Kinder mutlos oder aggressiv, wenn sie verwöhnt werden und man sie in allem gewähren lässt. Sie brauchen schützende Grenzen, um sich orientieren zu können. Macht behauptende, autoritäre Erziehung schwächt das Ich des Kindes. Gewähren lassende, falsch verstandene antiautoritäre Erziehung schwächt es ebenfalls. Kinder brauchen eine unterstützende Erziehung. Die helfende Beziehung schärft ihren Realitätssinn, stärkt Selbstbewusstsein und Selbstverantwortung. Das stärkt die Eigenständigkeit und mindert die Gefahr, dass Jugendliche gewaltbereit werden. Besonders wichtig ist, gute Gewohnheiten einzuüben, über die nicht mehr geredet werden muss; das entlastet den Unterricht und verhindert Konflikte.

9. Das Selbstwertgefühl der Kinder stärken – besonders bei aggressiven Schülern

Gewaltbereite Jugendliche haben ein gestörtes Selbstwertgefühl. Sie müssen sich an Schwächeren abreagieren, um die Stärkeren zu sein. Sie erniedrigen ihre Opfer, um ihr verletztes Selbstbild zu korrigieren. Mit ihrer destruktiven Wut wollen sie sich selbst behaupten. Damit diese Fehlentwicklung nicht eintritt, brauchen Kinder Sicherheit. Das Selbstwertgefühl wird gestärkt durch zuverlässige Kontakte zu Lehrern und Mitschülern, aufmerksame Hinwendung, angstfreie Beziehung, Lernerfolg und Anerkennung der geglückten Leistung, durch Fortschrittserlebnisse. Wenn sich Schüler in der Klasse „aufgehoben“ fühlen, kommen weniger destruktive Impulse auf.

10. Statt Konflikte unterdrücken: Mit den Schülern ein Arbeitsbündnis anstreben

Manche Lehrer neigen dazu, aus Angst vor einer undisziplinierten Klasse Konflikte vorbeugend zu unterdrücken. Zum Beispiel wollen sie sich durch anfängliche Strenge „Autorität“ verschaffen. Das versetzt sie in eine gespannte Haltung. Hilfreicher ist, sich mit den Schülern über ein Arbeitsbündnis zu verständigen: Die eigenen Arbeitsvorstellungen mitteilen, die Schüler in die Unterrichtsgestaltung mitverantwortlich einbeziehen. Nicht: „Was mache ich mit den Schülern?“, sondern: „Was können wir zusammen machen?“ – Berührung ist bekömmlicher als Panzerung.

11. Durch Schüler das Lehrerverhalten einschätzen lassen – Kritik und Selbstkritik

Schülerbefragungen tragen dazu bei, die Beziehung zu klären: Sich von den Schülern einschätzen und kritisieren lassen im Kreisgespräch, durch Fragebogen, freie Aufsätze und Niederschriften, Briefe... Lehrer lernen dabei die Schüler und sich selbst besser kennen; sie können aus der reichhaltigen Erfahrung lernen, die Schüler über Unterricht haben; denn Schüler sind „Experten des Unterrichts“. Die Aufmerksamkeit, die sich Lehrer und Schüler bei wechselseitiger Kritik schenken, macht beide Seiten aufmerksamer und offen für Veränderungen.

12. Als Lehrer lernen, Konflikte gewaltfrei zu regeln

Dazu gehören Erfahrungen wie:

  • Aus dem Machtkampf heraustreten, statt der Stärkere sein zu müssen.

  • Sich mit dem Denken und Fühlen begreifen lassen, statt Überzeugungs-Machtkämpfe zu führen.

  • Gewalt nicht mit Gegengewalt beantworten; statt Vergeltung wechselseitiges Verstehen.

  • Den Konflikt nicht möglichst schnell beseitigen, sondern genau ansehen.

  • Die Vergeltungsregel außer Kraft setzen: dem Schlag folgt kein Gegenschlag.

  • Nicht Sieger sein und andere zu Verlierern machen wollen, sondern

  • Verständigung anstreben, im Kontakt bleiben: Bekanntschaft ist der Feind der Feindschaft.

  • Sich bemühen, die Kettenreaktion „Gewalt gegen Gewalt“ zu unterbrechen.

  • Konflikte klären und ursachen-orientiert bearbeiten.

 

13. Konflikte in Ursachen und Ablauf genau betrachten – Konfliktfähigkeit lernen

Lehrerinnen und Lehrer neigen dazu, Konflikte unter der Frage „Was tue ich, wenn…?“ möglichst rasch zu erledigen. Hilfreicher ist, die Problemsituation genau anzusehen, den Ist-Zustand wahrzunehmen. Nur wenn der Konflikt geklärt wird, kann er ursachen-orientiert bearbeitet werden. Konfliktfähigkeit ist ein Merkmal seelischer Gesundheit.

14. Mit Schülern einüben, Konflikte gewaltfrei zu regeln – Frieden führen ist lernbar

Erfahrungen in gewaltfreier Konfliktregelung müssen Jugendlichen bewusst gemacht werden: Wie kam es zur friedlichen Lösung? Welche Erkenntnisse helfen uns, gewaltfrei zu handeln? Was können wir üben? Inwiefern ist Konfliktfähigkeit ein Merkmal seelischer Gesundheit?

  • Einsehen, wie Rücksichtnahme das Zusammenleben erleichtert, einem selber und den anderen.

  • Lernen, miteinander zu streiten, ohne sich zu verletzen, zum Beispiel im Rollenspiel.

  • Üben, wie man Konflikte gewaltlos regelt, ohne die Angst und Wut zu unterdrücken, dabei

  • den anderen nicht persönlich angreifen, ihn nicht erniedrigen oder beschimpfen..

  • Lernen, sich schrittweise entgegen zu kommen, wagen, den ersten Schritt zu tun.

  • Einüben, zu diskutieren, ohne aggressiv zu sein, anderen zuhören, Gesprächsregeln einhalten.

  • Erkennen, wie Feindbilder zwischen Lehrern und Schülern entstehen und abgebaut werden.

  • Freundbilder schaffen.

  • In Problemsituationen nach den Ursachen fragen.

  • Lernen, Konflikte durch die Vermittlung eines Dritten zu lösen – Mediation.

  • Sich für verletzendes oder ungerechtes Verhalten entschuldigen, es wieder gut machen.

  • Erkennen, dass es nicht um die Frage nach der Macht geht, sondern nach dem Miteinander-leben.

 

15. Lehrer sind Vorbilder für achtungsvollen Umgang - Pädagogischer Takt

Lehrerinnen und Lehrer sollten die Tugenden vorleben, zu denen sie Kinder erziehen möchten, ihnen durch ihr Beispiel Achtsamkeit und Anstand vermitteln. Lehrer sind Autorität durch ihr moralisches Vorbild, ihre Beziehungsfähigkeit, ihre Hilfsbereitschaft, ihr sachliches Wissen und unterrichtliches Können. Ihr Umgang mit den Schülern ist gekennzeichnet durch den pädagogischen Takt: Kinder können sicher sein, nie bloßgestellt, nicht unvorhergesehen aufgerufen zu werden, sondern nur, wenn sie sich melden. Schüler werden nicht ausgelacht oder beschämt, ihre Zensuren nicht öffentlich gemacht, Fehler nicht angeprangert, die Arbeiten werden behutsam, nicht entwertend korrigiert. Geistige und körperliche Schwächen von Jugendlichen werden nicht kritisiert, Beleidigungen und Ironie vermieden. Schülerarbeiten werden nicht aggressiv korrigiert, sondern behutsam. Fehlerfreundlichkeit gilt als Lernprinzip.

16. Gesunde Aggression unterstützen, um Destruktion zu verhindern - Selbstbehauptung

Aggression gehört zum menschlichen Leben, sie ist zur Entwicklung der Kinder notwendig. Gehemmte Aggression begünstigt Gewalt. Gesundes aggressives Verhalten zeigt sich im „Herangehen“ an die Welt: Kinder spielen, probieren aus, fragen die Erwachsenen „tot“, untersuchen, setzen sich mit Menschen und Dingen auseinander, diskutieren, streiten, greifen an, setzen sich zur Wehr, kämpfen spielerisch, verfolgen eigen-sinnig Ziele, packen zu, kritisieren die Erwachsenen und stellen sie in Frage, lernen, sich selbst zu behaupten. Menschen, die Selbstbehauptung entwickeln, fühlen sich weniger bedroht und reagieren deshalb nicht so leicht feindselig. Werden die gesund-aggressiven Impulse der Kinder unterdrückt, kann es zu psychischer und körperlicher Krankheit kommen: zu destruktiver Aggression, Unterwürfigkeit, Nägelbeißen, Zähneknirschen, Bluthochdruck, Kopfschmerz und anderen Symptomen.

17. Die heimliche Aggressivität der Schule abbauen – Amtlich verordnete Konflikte

Manche Konflikte entstehen durch die Schule selbst, ihre Machtstrukturen, zum Beispiel durch

  • die lernstörenden Ziffernnoten bereits bei kleinen Kindern. Sie kränken die Schwachen fortgesetzt und setzen sie einer Entmutigungs-Didaktik aus. Kinder brauchen die individuelle Beurteilung des Lernfortschritts,

  • lebens- und kindferne Lehrpläne, statt des Lebensbezugs: „Das geht mich an!“,

  • Leistungsdruck und Überforderung, statt individueller Lernhilfe,

  • die Diktatur von Prüfungen, Stegreifaufgaben und mündlichem Abfragen, statt angstfreiem Lernen,

  • stundenlanges Still-sitzen-Müssen und mangelnde Eigen-Bewegung, statt körperlicher und geistiger Eigen-Aktivität.

  • den Wortunterricht in der lehrerzentrierten Schularbeit, statt Kinder mit allen Sinnen lernen zu lassen,

  • zerstückeltes Lernen im 45-Minuten-Takt, statt ganzheitlichem, vertieftem Arbeiten,

  • undemokratisches Schulleben, in dem Schüler nicht mitbestimmen dürfen, statt ihrer eigenverantwortlichen Mitgestaltung,

  • die Schädigung des Selbstwertgefühls durch Einzelfälle aggressiver Lehrer, statt Kinder vor dem Macht-Missbrauch zu schützen.

 

18. Schülerinnen und Schüler den Unterricht mitgestalten lassen – Demokratie lernen

Gesunde Aggression kann sich ausdrücken im Mitplanen, in Kritik, Widerspruch und Änderungsvorschlägen, in selbst bestimmtem Lernen und Projekten. Dazu müssen Schüler lernen, wie man lernt, wie man Kritik übt und Einspruch erhebt. Sie können in vielen schulischen Fragen mitbestimmen: Lerninhalte auswählen, eigene Beiträge leisten, schulisches Leben mitgestalten, in der Schülermitverwaltung aktiv sein. Wenn Schüler Einfluss nehmen dürfen, fühlen sie sich nicht ohnmächtig, sondern in ihrem Selbstwert gestärkt und zu Mitverantwortung aufgerufen. Das befähigt sie, sich später politisch zu beteiligen.

19. Miteinander reden lernen in Kreisgespräch, Diskussion und Gruppenarbeit

Gewalt äußert sich auch in Wort-Gewalt. Deshalb müssen Schüler im Unterricht das Gespräch einüben: als Kreis- und Gruppengespräch zu Themen, zu denen die Jugendlichen etwas auszusagen haben; auch dazu, wie sie die Schule erleben, was sie verändern möchten. Jugendliche werden nicht diskussionsfähig, so lange sie im Block sitzen und frontal unterrichtet werden. Im Kreis reden sie miteinander und üben Gesprächs-Tugenden ein: dem Sprechenden zuhören, ihn ausreden lassen, auf ihn eingehen, ihn nicht angreifen oder auslachen, seine Meinung achten, Argumente prüfen, eigene Argumente begreiflich machen.

20. Sinnvoller Unterricht vermindert Lehrer-Schüler-Konflikte: Interesse und Erfolg

Kinder, die in der Schule einen interessanten Lebens-Raum vorfinden, setzen ihre Energie nicht in Aggressivität um, sondern in konstruktives Handeln.

  • Sie entwickeln Interesse und werden zu Interessen angeregt.

  • Sie dürfen etwas „in die Hand nehmen“, handelnd lernen, selbst-tätig sein.

  • Das Wissen ist für sie jetzt anwendbar, sie erleben sich als kompetent.

  • Sie können das Lernen mit künftigen Zielen und Lebenswünschen verknüpfen.

  • Lernen hat etwas mit ihren Lebensfragen zu tun.

  • Sie haben Erfolg, das stärkt ihr Selbstwertgefühl.

 

21. Freiarbeit beugt Konflikten vor, sie verbessert Leistungsfähigkeit und Gesundheit

Bei offenem Unterricht sind Kinder weniger aggressiv. Er ist gekennzeichnet durch viel freie Arbeit. Die Schüler können ihre Unterrichtsaktivitäten mitbestimmen. Für dieses selbst bestimmte Lernen gibt es reichhaltige Unterrichtsmaterialien. Gelernt wird in Einzelarbeit, Partner- und Kleingruppenarbeit, seltener im Klassenverband. Die Kinder und Jugendlichen bekommen die Chance, eigenverantwortlich zu sein. Sie erfahren den individuellen Lernfortschritt. Offener Unterricht ist Lernen durch Tun, er orientiert sich an Fragen und Interessen der Schüler. Dieser Unterricht verbessert die Leistungsfähigkeit und fördert die seelische und körperliche Gesundheit.

22. Kreativität überwindet Destruktivität – Eigen-Bewegung mit Kopf und Hand

Künstlerische Aktivität vermindert Gewaltbereitschaft: Freies Schreiben, Dichten, Malen, Musizieren Tanzen, Fotografieren, Theaterspielen, Pantomime, Filmemachen, Akrobatik, Handwerken.

  • Dabei fühlen sich Jugendliche ernst genommen; das hebt ihr Selbstgefühl.

  • Sie werden ermutigt, aus sich heraus etwas zu schaffen.

  • Sie gestalten nicht nur mit dem „Kopf“, sondern mit Körper und Seele.

  • Dabei finden sie Zugang zu eigenen Stärken, die sie oft nicht kennen.

  • Das wachsende Selbstvertrauen lindert aggressive Spannungen.

  • Überbordender Bewegungsdrang wird in Konzentration umgewandelt.

 

23. Zusammenarbeiten, statt konkurrieren – Kooperation, das erfolgreichere Prinzip

Das Konkurrenzprinzip verleitet dazu, den Mitschüler als Gegner zu sehen. Es findet in der Schule vor allem in den lernstörenden Ziffernnoten seinen Niederschlag. Wo es um Selbstdurchsetzung geht, vermindert sich die Bereitschaft, sich um andere zu sorgen. – Zudem bringt Konkurrenz keine besseren Leistungen hervor als Kooperation. Zusammenarbeiten ist nicht nur das humanere Prinzip, sondern auch das erfolgreichere. Miteinander lernen fördert die persönliche Leistung wie die Gruppenleistung, unterstützt das Problemlösen, stärkt die Verantwortung und verbessert die menschliche Beziehung: Partner- und Kleingruppenarbeit, Kreisgespräch und Sich-helfen-Dürfen: Helfer-Prinzip.

24. Bei Macht-Missbrauch von Lehrern – Gewalt durch verletzende Worte nicht tabuieren

Lehrer sollten Vorbild für gewaltfreies Handeln sein. Deshalb gilt es, Kindern beizustehen, wenn sie durch einzelne Lehrer bloßgestellt, gedemütigt, durch Zensuren bedroht, ausgelacht, beleidigt, „fertig gemacht“, geängstigt werden. In den Einzelfällen von Gewalt durch seelisch verletzende Lehrerworte und Handlungen sollten sich Eltern und Lehrerkollegen schützend vor die Kinder stellen: durch Konfrontation, kollegiale Beratung, Eltern-Lehrer-Schüler-Gespräche, Grenzensetzen durch Elternschaft und Schulbehörde, Supervision. Angstmachendes, gewalttätiges und seelisch verletzendes Lehrerverhalten darf nicht tabu bleiben.

25. Öffentliche Einmischung gegen Gewalt – Für die Bewahrung der Erde

Lernen, Konflikte gemeinsam zu regeln, ist in unserer Gegenwart in allen Bereichen der Gesellschaft bedeutsam, zum Beispiel im Hinblick auf Rassismus, Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit. Noch nie war es in der Geschichte der Menschheit möglich, dass Menschen die Erde zerstören und damit der nächsten Generation die Lebensgrundlage rauben können. Deshalb sollte die helfende Beziehung der Erwachsenen auch darin bestehen, die Kinder vor den ökologischen, sozialen, atomaren und kriegerischen Gefahren zu schützen. Dazu ist der politische Einspruch verantwortungsbewusster Bürger nötig – gegen jede Form von Gewalt.

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