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Kurt Singer:
Eltern beschweren sich über den Macht-Missbrauch eines Lehrers   
Sie verteidigen die Würde der Schüler

Unsere schlimmste Erfahrung war: Niemand der Verantwortlichen durchbrach den Kreislauf von Erniedrigung, Verletzung und Gleichgültigkeit. Keiner stellte sich auf die Seite der Kinder. Die Schulbehörden wiesen uns zurück und vertuschten das Unrecht.
                                                        Eine Schülermutter

Eine Elterninitiative schützt Kinder vor den psychischen Verletzungen durch einen Lehrer

Die Schülereltern einer 4.Jahrgangsstufe waren beunruhigt, als Lehrer A. die Klasse übernahm. Dieser schockierte Kinder und Eltern durch sein taktloses Verhalten. Im Jahr davor hatten die Schüler eine einfühlsame Lehrerin; jetzt wurden sie von Herrn A. geängstigt, entmutigt, beleidigt. Die Eltern, zunächst ratlos, solidarisierten sich und versuchten alles, um ihre Kinder zu schützen: Sie führten Gespräche mit dem Lehrer, dem Schulleiter, mit Lehrerkollegen, der Schulpsychologin, auf Elternabenden, in Gesprächskreisen; sie schrieben Briefe und verfassten Dokumentationen.

Fast ein Vierteljahr prallten ihre Klagen an der Abwehr des Lehrers, Schulleiters und der Schulbehörde ab; die Eltern wurden zurückgewiesen und hingehalten: sie würden den Schulfrieden stören, wo doch ein Krieg des Lehrers gegen die Kinder tobte. In Briefen, die Mütter und Väter von den Schulbehörden als Antwort auf ihre Beschwerden erhielten, war von den Kindern nicht mit einem einzigen Wort die Rede. Es hieß nur, man müsse erst ermitteln. Die Eltern merkten nichts von diesen Ermittlungen, weder sie noch die Schüler wurden einbezogen. Auf Nachfragen verweigerten Schulleiter und Schulrat den Eltern den Einblick. Nun schlossen sich die Eltern zusammen und verfassten eine Beschwerde. Sie ließen sich dabei von einem Erziehungswissenschaftler und Psychologen beraten. Das durch gemeinschaftliche Arbeit entstandene Protestschreiben sandten sie an Lehrer, Schulleiter, Elternbeirat, Schulpsychologin, Schulforum, Schulrat, Bezirksregierung, Abgeordnete, Bürgermeister. Die Bürgeraktion bewirkte, dass die Schulbehörde den Lehrer aus der Klasse nahmen.

Beschwerde über das seelisch verletzende Verhalten des Lehrers A.

Eltern-Initiative für die Schülerinnen und Schüler der 4.Jahrgangsstufe an der Grundschule N.

Wir Eltern nehmen mit unserer Beschwerde das Grundgesetz wahr:

Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

Wir beziehen uns mit unserer Beschwerde auf
das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland,
auf die Verfassung des Freistaates Bayern,
auf den Lehrplan für die Grundschule in Bayern,
das Bundesgesetz über Gewaltfreiheit in der Erziehung,
die Konvention der Vereinten Nationen „Die Rechte des Kindes“,
das Beamtenrecht,
auf allgemein gültige pädagogische Grundhaltungen und
erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse.
 
1. Herr A. verstößt gegen das Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“

Dies ist der Hauptvorwurf, den wir Eltern gegen den Lehrer vorbringen: Der Lehrer achtet die Würde der Kinder nicht und demonstriert das auf vielfältige Weise:

  • Er demütigt Kinder vor der Klasse, stellt sie bloß, beschimpft sie, schreit sie an oder zeigt ihnen „den Vogel“.

  • Selbst vor körperlichen Übergriffen schreckt er nicht zurück; er zieht zum Beispiel Kinder am Ohr, verteilt an Jungen „sanfte Kopfnüsse“, wie er sagt.

  • Ein Mädchen, das sich schwer tut, wurde mit der Tafelabschrift nicht fertig. Herr A. setzte sich mit der Gitarre vor die Klasse, spielte und sang dazu „ die Angelika wird nicht fertig..., Angelika ist langsam, langsam..., sie ist die allerletzte...“

  • Er stellt sich vor einen Jungen, nimmt eine intime Distanz von Gesicht zu Gesicht ein und brüllt ihn an, so dass dieser erschrickt und zu weinen anfängt.

  • Es ist üblich, dass er beleidigende Ausdrücke benützt: Beispiele für Beschimpfungen und Hänseln sind: „Du kleiner Trottel“, „du Stinker“, „du nichtsnutziger Pimpf“...

  • Es kommt immer wieder vor, dass Herr A. die Füße auf den Tisch eines Schülers legt und dabei Sätze spricht wie: „Ich krieg auch so mein Geld“, oder „Ich würde am liebsten eine Kamera im Klassenzimmer installieren, damit eure Eltern sehen, wie schlimm ihr seid.“

  • Ein Mädchen macht einen Fehler. Herr A. lacht die Schülerin schallend aus und fordert die Klasse zum Mitlachen auf.

Wir meinen, dass solches Verhalten nicht mit den Forderungen des Lehrplans für die bayerische Grundschule (2006 6) zu vereinbaren ist, da heißt es zur
Lehrerpersönlichkeit: Engagement für die Schüler, soziale Aufgeschlossenheit und eine unterstützende Grundeinstellung drücken sich auch in einem von Geduld und Gelassenheit getragenen Umgang mit den Schülern aus.

Weil diese Lehrertugenden bei Herrn A. fehlen, werden unserer Kinder fortlaufend dem seelisch verletzenden Lehrerverhalten ausgesetzt.

2. Der Lehrer verletzt die Persönlichkeitsrechte der Kinder

Bei den Verletzungen der Persönlichkeitsrechte der Kinder handelt es sich nicht nur um „pädagogische Ungeschicklichkeiten“, wie das Lehrerverhalten von seinen Fürsprechern manchmal genannt wurde, sondern, um Verstöße gegen die Bestimmungen des Strafgesetzbuches. Danach sind Beleidigungen strafbar, etwa wenn der Lehrer

  • ein Kind beleidigt: Ein Junge hatte eine Rechenaufgabe nicht verstanden und fragte den Lehrer. Der antwortet nicht, sondern beschimpft den Schüler: „Wie kann man nur so dumm fragen; hättest du besser aufgepasst.“

  • Oder wenn er über einen Jungen ein abfälliges Werturteil fällt: „Wie blöd du dich anstellst, mit dir ist ja überhaupt nichts anzufangen.

  • Oder wenn er seine Missachtung einem Schüler gegenüber vor der Klasse ausdrückt: „Du bist für mich der letzte Sargnagel.“

  • Oder wenn er Kindern ihre Minderwertigkeit attestiert: „Du aufs Gymnasium? Dich nehmen sie nicht einmal in der Sonderschule für geistig Behinderte.“

  • Oder wenn er Schülern vor der Klasse negative Qualitäten zuschreibt: „Deine Faulheit stinkt zum Himmel.“

  • Oder wenn er eine diskriminierende Meinung äußert: „Dafür reicht dein Spatzenhirn nicht aus.“

  • Oder wenn er die Klasse als Ganzes beleidigt: „Bin ich froh, wenn ich euch nicht mehr anschauen muss.“

3. Kinder sind dem kränkenden Macht-Missbrauch des Lehrers ausgesetzt – Missachtung des pädagogischen Taktes

  • Herr A. äußert seine vorgefasste Meinung über das Leistungsniveau in abwertender Weise. Am Elternabend sagt er zu einer Mutter „Bei Ihrem Kind ist Hopfen und Malz verloren“.
    Solche Voraussagen, negative Erwartungen und Zuschreibungen wirken sich auf das Lernen der Kinder störend aus. Sie schwächen die wichtigste Voraussetzung für das Lernen: das Selbstwertgefühl der Kinder.

  • Der Lehrer stellt Kinder mit Schwächen bloß. Wir sehen es als Persönlichkeitsverletzung an, wenn er zum Beispiel öffentlich persönliche Eigenschaften der Schüler kritisiert.

  • Es handelt sich bei dieser entwertenden Haltung Schülern gegenüber um eine grundsätzliche Missachtung des pädagogischen Taktes. Pädagogischer Takt besagt, heißt es in der Pädagogik:
    Lehrer vermeiden in allen Unterrichtssituationen, Schüler bloßzustellen und zu beschämen, geistige und seelische Schwächen des Kindes aufzuzeigen, die Schüler durch Schimpf- und Spottnamen zu demütigen, sie auszulachen.
    Unsere Kinder leiden darunter, dass Herr A. entgegen den Vorgaben des Lehrplans für die bayerische Grundschule handelt:

Durch klare Zielsetzung, Ermutigung, Lob und Anerkennung sollen Grundschüler lernen, sich etwas zuzutrauen, sich anzustrengen, aus Fehlern zu lernen und eine Arbeit zu Ende zu führen. Vor allem nach Misserfolgen brauchen Kinder Ermunterung und Hilfe. 

Statt dieser Ermunterung erleben unsere Kinder überwiegend Tadel, Entmutigung, Herabsetzung ihrer Person.

4. Viele Schülerinnen und Schüler fühlen sich überfordert – Individuelle Unterstützung wird ihnen verweigert

Dies drückt sich zum einen in der Menge des zu bewältigenden Stoffes aus. Das wird für die Familien jeden Nachmittag und am Wochenende erlebbar, wenn sich Hausaufgaben über Stunden hinziehen und nur mit tatkräftiger Mithilfe der Eltern zu bewältigen sind. Eltern bemängeln, dass die Hausaufgaben anscheinend nicht ausreichend erklärt werden, da die Kinder zu Hause viele Fragen haben und sie oft nicht im Stande sind die Aufgaben eigenständig durchzuführen. Häufig findet die Überforderung auch in der nicht altersgemäßen Komplexität der Aufgaben statt. Einige Beispiele hierzu:

  • Probe aus dem Heimat- und Sachunterricht: Die Kinder sollen einen Lernstoff  über 20 Seiten beherrschen, es handelt sich um zwei große Themengebiete, die nichts miteinander zu tun haben und viel besser als getrennte Sozialkunde- und Biologieprobe abgefragt worden wären.

  • Der gesamte Unterricht ist von enormem Zeitdruck durchzogen, zum Beispiel bei Mathematikproben: 32 Platzhalteraufgaben zum Einmaleins in 120 Sekunden, wobei Herr A. den „Count-down“ der letzten 20 Sekunden laut spricht.
    Es ist lernpsychologisch schädlich, Kinder auf diese Weise in eine lernblockierende statt lernfördernde Drucksituation zu versetzen. Der ständige Zeitdruck macht ihnen Angst, sie können nicht in Ruhe lernen und arbeiten. Besonders die Langsameren und Schwächeren erleben dadurch ständig Versagens-Situationen. „Schreiben dauert bei manchen Kindern vier mal länger als bei schnelleren, ohne dabei ein ausgesprochen sauberes Arbeitsergebnis zu erzielen“, klagt Herr A., statt die Kinder in ihrem individuellen Arbeitstempo zu akzeptieren und ihnen zu helfen.

  • Auch hier vermissen wir Eltern, dass die Leitgedanken des Lehrplans für die bayerische Grundschule umgesetzt werden. Da heißt es, den Mathematikunterricht betreffend:
    Es sollte im Mathematikunterricht gelingen, in jedem Schüler angemessene Lernfortschritte in Gang zu bringen und seine Lernbereitschaft zu wecken und zu erhalten. Durch individualisierende Maßnahmen kann das persönliche Lernen sichergestellt werden.

  • Obwohl im sechsten Jahr nach PISA Jahr für Jahr an Lehrer appelliert wird, die Kinder in ihrer Individualität zu respektieren, das persönliche Arbeitstempo zu berücksichtigen,  werden von Herrn A. Kinder gekränkt, weil sie nach seiner Ansicht „zu langsam“ sind und er das langsame Arbeitstempo oft mit „Dummheit“ gleichsetzt. Diese erniedrigende Ansicht bekommen die Schüler immer wieder zu hören und werden dadurch in ihrem Ich geschwächt und als Person entwertet.

5. Das kränkende und Angst machende Lehrerverhalten löst bei Kindern psychische und psychosomatische Reaktionen aus – Seelischer Kummer wird zu körperlichem Schmerz

Bei einer Reihe von Kindern fällt ein unsicheres, unkonzentriertes, verweigerndes und resignierendes Verhalten bei den Hausaufgaben auf, sowie unangepasstes Verhalten innerhalb des Familienlebens: größere Aggressionsbereitschaft, Weinerlichkeit, Nervosität, deutlich verminderte Widerstandskraft, Enttäuschung und Versagung zu ertragen, Schlafstörungen.

Mehrere Eltern beobachten, dass ihre Kinder, die bislang nicht verhaltensauffällig waren, zu psychosomatischen Reaktionen neigen. Einige Kinder mussten sich deshalb in ärztliche Behandlung begeben. Zum Beispiel klagen sie über Bauchweh, ein psychosomatisches Symptom, das besonders bei Kindern dieser Altersstufe vorkommt, wenn sie unter starker seelischer Spannung stehen, wie sie in der Klasse von Herrn A. herrscht; man spricht bei diesem Symptom auch von „Bauch-Angst“.

Bei anderen Kindern setzte nächtliches Bettnässen ein, ohne dass dies – wie vom Hausarzt bestätigt – früher schon vorgekommen wäre. Auch hier handelt es sich um ein „Spannungs-Symptom“: die Blase reagiert auf den schulischen Druck mit erhöhter Spannung, die zum Einnässen führt. Psychologen sprechen bei diesem Symptom auch von einem „Weinen durch die Blase“. Kinder sind dem Macht behauptenden und uneinfühlsamen Verhalten des Lehrers ausgeliefert. Weil sie sich nicht wehren können, reagiert ihr Körper auf das kränkende und überfordernde Lehrerverhalten mit seelisch-leiblicher Krankheit.

Wir Eltern meinen, dass diese Verletzungen nicht sein müssten, wenn der Lehrer die Leitgedanken des Lehrplans für die bayerische Grundschule verwirklichen würde. Sie gewähren den Kindern

das Recht auf Kind-sein-Dürfen. In einer Atmosphäre des Vertrauens, der Anerkennung und der Lebensfreude sollen die Kinder Selbstwertgefühl, Eigenverantwortung und eine bejahende Lebenseinstellung aufbauen und lernen, die eigene Person und die Person des Anderen anzunehmen.

Diese ministeriell vorgegebenen Leitlinien möchten wir auch unseren Kindern zugute kommen lassen und sie vor der gegenwärtigen Atmosphäre der Nichtachtung schützen. 

6. Entehrende Worte und Maßnahmen des Lehrers verstoßen gegen die Konvention der Vereinten Nationen „Die Rechte des Kindes“
 
Kein Kind darf  willkürlichen oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Das Kind hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe und Beeinträchtigungen... Die Disziplin in der Schule muss in einer Weise gewahrt werden, die der Menschenwürde des Kindes entspricht.

Auch die Bundesrepublik Deutschland hat diese Konvention unterzeichnet. Wir meinen, Herr A. verletzt Kinder in ihrer Ehre und ihrem Ruf, wenn er beispielsweise Kinder, die sich schwer tut, öffentlich beleidigt: „Der hat nichts in der Birne“, „Wenn dir deine Dummheit weh täte, müsstest du ständig schreien vor Schmerzen“.
Ebenso erniedrigend ist es, wenn der Lehrer, was er selbst eingeräumt hat, wiederholt Arbeiten der Kinder vor ihren Augen zerreißt und ihnen auf den Tisch zurück schmeißt.
Der Lehrer hat in wiederholten Gesprächen und auf Elternabenden nicht zu erkennen gegeben, dass er auf diese achtungslose Methode verzichten werde – und er hat sich nicht ein einziges Mal für eine seiner verletzenden Maßnahmen bei Kindern oder Eltern entschuldigt.

Leistungsschwächere und solche Schülerinnen und Schüler, die im Klassengefüge keine gefestigte soziale Stellung haben, leiden besonders unter dem bloßstellenden und entwürdigenden Verhalten von Herrn A.

7. Das unkorrekte Verhalten des Lehrers ist nicht vereinbar mit dem Beamtenrecht  – Die Kinder erleben ein schlechtes Vorbild

Immer wieder wendet Herr A. gegenüber Schülern die drohenden Worte an: „Wenn du nicht…, dann wisch ich Dir eine.“ Kinder erzählten zu Hause, dass der Lehrer ihnen beschrieben hat, welche Strafmaßnahmen früher in der Schule angewandt wurden: zum Beispiel Schlagen mit dem Stock, mit dem Lineal, mit der Hand.
Herr A. hat bei einem Versuch, die Kinder zur Ordnung zu rufen, das Lineal einer Mitschülerin auf dem Tisch zerschlagen; den materiellen Schaden ersetzte er. 
Dies wiegt nach unserer Meinung nicht den Schaden für 27 Schüler auf, den das Lernklima in der Klasse durch solch unbeherrschte Verhaltensweisen nimmt. – Herr A. hat sich dazu so geäußert, dass das Zerbrechen des Lineals nicht beabsichtigt war, wovon wir ausgehen. Sein destruktives Verhalten an sich hat er nicht als kritikwürdig empfunden oder in Frage gestellt; er hat sich auch nicht dafür entschuldigt.
Ein weiteres Beispiel: Herr A. schmeißt sein Buch auf den Boden mit der Begründung: „Ich will so nicht mit euch arbeiten.“  Kinder berichteten zu Hause, wie sie in dem Moment erschrocken sind.

Nach unserer Ansicht verstoßen solche Verhaltensweisen nicht nur gegen pädagogische Grundwerte, sondern auch gegen das Beamtenrecht. Kinder sind zwar keine „Untergebenen“ im Sinne des dort verwendeten Wortlauts; aber sie sind noch mehr als diese durch das Machtgefälle zwischen Schülern und Lehrer vom Lehrer abhängig und können sich nicht zur Wehr setzen. Deshalb möchten wir die Anforderungen des Beamtenrechts auch für unsere Kinder verlangen: Beamte haben

die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten... Der Vorgesetzte soll für seine Untergebenen Vorbild sein; dazu gehören ein korrektes Auftreten und eine wohlwollende und gerechte Behandlung der Untergebenen. Der Vorgesetzte darf seine Dienststellung nicht missbrauchen, etwa durch Schikanen, beleidigende Äußerungen oder kleinliche und rücksichtslose Anordnungen.

Wir Eltern meinen, dass Herr A. diese Erwartungen an einen Beamten nicht erfüllt. Wir wenden uns dagegen, dass unsere Kinder dauerhaft einem schlechten moralischen Vorbild ausgesetzt sind, das immer wieder die Grundregeln des Anstands verletzt.
 

8. Der Lehrer verstößt gegen pädagogische Grundeinsichten, wenn er zum Beispiel Kollektivstrafen verhängt und  Strafaufgaben aufgibt 

Bei einem Fehlverhalten einzelner Schüler droht Herr  A. mit Kollektivstrafen und wendet sie auch an.
Wenn auf dem Weg zum Sportunterricht Kinder sich nicht ordnungsgemäß verhalten, müssen alle so oft wieder zurücklaufen, bis der Ablauf reibungslos ist. Es kommt immer wieder vor, dass Sport und Musikunterricht „umgewidmet“ werden, wenn zum Beispiel das Tagespensum nicht erreicht wird oder ähnliches.
Herr A. bestätigte dieses Vorgehen und führte allerlei Gründe dafür an. Zu betonen ist, dass es sich hierbei nicht um Einzelfälle handelt, die alle Eltern verstehen würden Auch ein Wandertag wurde auf diese Weise abgebrochen.

Obwohl Strafarbeiten unzulässig sind, weil Arbeit für Kinder keine Strafe sein soll, gibt Herr A. Strafaufgaben. Er lässt die Kinder zum Beispiel. durch Abstimmen bestätigen, wie viele „Strafsätze“ ein einzelner Mitschüler schreiben muss.
Herr A. berichtigte auf einem Elternabend, dass es bei der Abstimmung der Klasse darum ging, ob die betroffene Schülerin „Sätze erlassen“ bekommt oder nicht. Das beschriebene Vorgehen an sich, die Klasse abstimmen zu lassen, bestätigte er.
Ob es sich bei der Aufforderung zur Abstimmung um eine Erhöhung oder Verminderung einer Strafe gehandelt hat, ändert unseres Erachtens nicht die Fragwürdigkeit dieses  „erzieherischen“ Handelns.

9. Gesprächsbereitschaft und Kooperationswünsche von uns Eltern wurden immer wieder in undemokratischer Weise zurückgewiesen

Wir Eltern bemühten uns von Anfang an in Eltern-Lehrer-Gesprächen und auf Elternabenden um Verständigung. Durch die Macht behauptende und verletzende Art des Lehrers wurden jedoch viele Eltern vor den Kopf gestoßen. Wir wurden einfach nicht gehört und unser Wunsch, den Konflikt einvernehmlich zu lösen, wurde zurückgewiesen. Das geringschätzige Verhalten uns gegenüber entsprach dem geringschätzigen Verhalten des Lehrers gegenüber den Kindern. Besonders erschüttert hat uns, dass die Not der Kinder für den Lehrer kein Thema war. Die offene und faire Aussprache, die wir anstrebten, konnten wir nicht verwirklichen. Herr A. fiel den Eltern ständig ins Wort, einer Mutter gegenüber ließ er sich vor versammelter Elterngruppe zu der autoritären Zurückweisung hinreißen: „Darüber diskutiere ich nicht mit ihnen.“
Wir meinen, dass das undemokratische Verhalten des Lehrers gegen die im Lehrplan für die Grundschule in Bayern aufgestellte gemeinsame pädagogische Aufgabe verstößt. Dort wird die enge Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten als wichtige Voraussetzung einer erfolgreichen Schule bezeichnet:

Partnerschaftlicher Umgang und regelmäßige Gespräche fördern die Kooperation. Die Schule bemüht sich um gute, durch gegenseitige Wertschätzung geprägte geprägte Kontakte zu den Eltern und beteiligt sie am Leben der Schule.

Diese „gegenseitige Wertschätzung“ wurde uns trotz unserer Bemühung um eine Konfliktlösung der Verständigung nicht zuteil – auch nicht durch die Schulbehörde. Nie hielt man uns für eine eindeutige, konkrete pädagogische Stellungnahme für würdig. Wir wurden mit unseren Anliegen nicht ernst genommen. Die Antwortlosigkeit der Schulbehörden erlebten wir als Ausdruck fehlender Schuldemokratie.

10. Das unpädagogische Handeln des Lehrers verstößt gegen das im Jahr 2000 von der Bundesregierung erlassene Gesetz über gewaltfreie Erziehung

Danach ist es nicht nur verboten, Kinder körperlich zu bestrafen, etwa wenn Herr A. Kind an den Ohren zieht und ihnen „Kopfnüsse“ erteilt, sondern auch seelisch zu verletzen. Das Gesetz macht gewaltfreie Erziehung zum Kinderrecht. Es

verbietet körperliche Bestrafung, seelische Verletzung und andere entwürdigende Maßnahmen.

Um entwürdigende Maßnahmen handelt es sich zweifellos, wenn der Lehrer
Kinder vor der Klasse verspottet,
wenn er Kinder und auslacht,
wenn er ein Mädchen bloßstellt: „Du bist die Langsamste in der Klasse.“
wenn er demonstrativ die Schultasche eines Kindes auf den Kopf stellt und entleert, weil das Kind ein Heft nicht gleich gefunden hat,
wenn er Kinder durch entwertenden Tadel zum Weinen bringt und sie nicht tröstet,
wenn er Schülerarbeiten zerreißt,
wenn er Kinder durch verletzende Worte – Gewalt durch Worte – erniedrigt,
wenn er Schüler beschimpft, die seine Erklärung nicht verstanden haben,
wenn durch Kontrollzettel die „Klassenschlamper“ ermittelt und gedemütigt werden,
wenn Kinder durch Schimpfnamen beleidigt werden,
wenn leistungsschwächere Schüler in ihrer Person entwertet werden.

Alle diese unpädagogischen Maßnahmen treffen nicht nur die einzelnen Kinder, die herabgesetzt werden, sondern es macht allen Kinder Angst und sie erleben am Lehrer ein schlechtes Vorbild dafür, wie man mit anderen Menschen umgeht. Bei manchen Verfehlungen des Lehrers handelt es sich nicht nur um unpädagogisches Verhalten, sondern um Straftaten im Sinne des Gesetzes über gewaltfreie Erziehung. Wir meinen, dass damit auch der Grundsatz der Bayerischen Verfassung verletzt wird:
Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.

11. Das unpädagogische Handeln des Lehrers behindert die Kinder in ihrer Lernfähigkeit

Die Stimmung, die der Lehrer im Unterricht schafft, macht Kindern Angst, beschädigt ihr Selbstwertgefühl, versetzt sie in Anspannung. All das verhindert, dass sie sich spontan, in Ruhe und vertiefend auf die Lerninhalte einlassen können. Wir wünschten uns für unsere Kinder einen Lehrer, dessen Handeln dem Lehrplan für die bayerische Grundschule entspricht:

Positive Lernerfahrungen und Erfolgserlebnisse sollen helfen, die natürliche Neugier der Kinder zu erhalten und eine beständige Lernmotivation aufzubauen. Anerkennung und Ermutigung durch Lehrer und Eltern fördern die Zufriedenheit mit eigenem Können und schaffen so einen angstfreien Zugang zu neuem Lernen und zu kreativem Erproben eigener Lösungswege.

Die Grundschulzeit ist eine besonders verletzliche Phase in der Entwicklung der Kinder. Sie ist mitentscheidend für die weitere Lernentwicklung, die Lernbereitschaft und den Lernwillen. Traumatische Erfahrungen der Kinder durch Bloßstellung, Verächtlich-gemacht-Werden, beleidigende Gesten des Lehrers, Demütigung und angstmachendes Lernklima, wie es im Unterricht von Herrn A. der Fall ist,  beschädigen die Lernmotivation der Schüler. Das kann sich verhängnisvoll für die Schulzeit und die gesamte Person des Kindes auswirken.

Nach zahlreichen lernpsychologischen Erkenntnissen hängen Stimmung und Leistung eng zusammen. Alle negativen emotionalen Begleitumstände des Unterrichts beeinträchtigen die Lernfähigkeit der Kinder.

Es folgen die Unterschriften von 18 Eltern.

Der sich wiederholende Skandal: Andere Schüler müssen jetzt unter dem kinderfeindlichen Lehrer leiden

Die Eltern befreiten durch ihr demokratisches Engagement die Kinder von dem Unpädagogen. Durch eine kinderfreundliche Lehrerin erholten sich die Schülerinnen und Schüler von den schockierenden Erlebnissen; sie gingen wieder ohne Angst zur Schule. Wie viele von ihnen dauerhaft durch den Lehrers traumatisiert wurden, vermag niemand zu sagen. Lehrer A. darf weiterhin Kinder seelisch verletzen. Er wurde nicht aus dem Amt entfernt oder bestraft oder zu pädagogischer Fortbildung veranlasst. Es wurde ihm nicht zur Auflage gemacht, seine Persönlichkeitsstörung durch Psychotherapie zu bearbeiten. Die neuen Schülereltern an anderem Ort waren von Anfang an irritiert über seine unpädagogischen Maßnahmen. Aber ob sie die Zivilcourage, Entschlossenheit und Solidarität wie die Eltern aufbringen, die sich schützend vor ihre Kinder stellten, ist noch ungewiss.

Die Schulbehörden handeln verantwortungslos: sie decken mit allen Mitteln zu, welches Unrecht dieser Lehrer Kindern antut. Sie nehmen die Kinder nicht als Menschen wahr, sondern als bürokratische Objekte. Die Schamlosigkeit drückte sich darin aus, dass der Schulleiter, der alles tat, um den Fall zu vertuschen, der die Eltern abwehrte und ihnen das Leben schwer machte, nun das Verdienst der Eltern lobte: dass durch sie die Schule „diesen Lehrer los wurde“. – In einem Brief schrieb mir das Elternpaar, das sich für die Kinder einsetzte: „Der Rektor erklärte im Elternbeirat, dass ihm durch das Eingreifen der Eltern eine schwere Last genommen wurde, da die Zusammenarbeit mit Herrn A. sich als äußerst schwierig erwies; er habe keinen Respekt vor Vorgesetzten und kein kollegiales Verhalten gezeigt.“ Das Leid der Kinder und die Sorge der Schülereltern gingen offenbar nicht in seine Wahrnehmung ein.

Solange Eltern nicht gegen das Unrecht aufstehen, so lange sich nicht pädagogisch engagierte Lehrer dem Protest anschließen und damit ihren Berufsstand vor Abwertung schützen, so lange Politiker gleichgültig zusehen, wenn demokratische Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, kann sich nichts ändern: da bleibt die Würde des Schülers antastbar.

November 2008

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