Prof. Dr. Kurt Singer
Elternsprechtag – Wie beim Beichten?
Anregungen für das Eltern-Lehrer-Gespräch
„Ich komme mir vor, als säße ich wieder auf
der Schulbank“
Eltern-Sprechstunde oder Eltern-Sprechtag: nicht wenige Eltern sehen
ihm mit Bangen entgegen. Sie gehen wieder, wie vor zwanzig Jahren, in
die Schule: das ist es, was manche bedrückt. Leicht taucht in ihnen
die alte Autoritätsängstlichkeit gerade an dem Ort auf, an dem
die „Angst vor Vorgesetzten“ erworben wurde. Oder es stellt
sich die Autoritätshörigkeit ein, zu der sie sich als Kind gezwungen
sahen. Solche Erinnerungs-Gefühle wahrzunehmen, ist zwar unangenehm.
Aber sie können helfen, die eigenen Kinder mit ihren Schul-Erfahrungen
besser zu verstehen. Das Erleben eigener Ängste kann auch dazu beitragen,
das Gespräch mit Lehrerinnen und Lehrern produktiv zu führen.
„Mir wird schon ganz mulmig, wenn ich das Schulhaus betrete“,
sagt eine Mutter, „ich fühl mich wie verloren. In mir tauchen
dann Erinnerungen an meine eigene Schulzeit auf. Und wenn ich vor dem
Lehrer sitze, fühle ich mich unsicher, als wäre ich die Schülerin
von damals. Mein Herz klopft, als könnte mir etwas passieren, mein
Mund wird ganz trocken vor Aufregung.“ Manchen Eltern geht es in
der Sprechstunde ähnlich: Frühe Schulängste werden spürbar,
die abhängige Situation des damals ohnmächtigen Kindes wird
wieder belebt. Die früh erworbene Autoritätsangst kann sich
auch leibhaftig bemerkbar machen: in Aufgeregtsein, Anspannung, Schwitzen,
Magendrücken, Händezittern...
„Ist mein Kind gut genug? Oder bin ich selbst nicht gut
genug?“
Eine andere Mutter: „Manchmal meine ich in der Lehrer-Sprechstunde,
es wäre eine Gerichtsverhandlung. Ich komme mir schuldig vor, weil
mein Kind nicht so passend ist, wie es für die Schule sein soll.
Meine Tochter ist ’nicht gut genug’, heißt es. Und bei
dem vorwurfsvollen Ton denke ich gleich: Bin ich nicht gut genug?
Habe ich das Mädchen nicht richtig erzogen? Oder habe ich ihm keine
guten Gene vererbt?
Da fällt mir eine Geschichte ein, ich kenne die Leute. Der Lehrer,
auch den kenne ich, sagte zu einer Hauptschülerin mit brutaler Gutmütigkeit:
’Du bist ein liebes Mädchen, aber du bist genau so dumm wie
deine Mutter war.’ Diese Mutter ging bei diesem Lehrer in die Grundschule
und tat sich im Lernen schwer; aber sie ist heute eine tüchtige Schneiderin.
Nicht genug seiner Taktlosigkeit, fügte der Lehrer noch überheblicher
Freundlichkeit hinzu: ’Sagst deiner Mutter einen schönen Gruß
von ihrem alten Lehrer, da hat sie dir nichts Gutes vererbt.’ Die
Geschichte ging natürlich herum im Dorf. Die Mutter hat furchtbar
geweint, aber sich nicht beschwert. Der Lehrer war Schulleiter und seit
40 Jahren am Ort. Diese Geschichte fällt mir manchmal ein, weil ich
große Angst habe, schlecht bewertet zu werden.“ – Solch
schlimme Erfahrungen sind selten, aber auch die weniger schlimmen können
lange Zeit ein Gefühl schweren Verletztseins zurück lassen,
die in der Lehrer-Sprechstunde Ängste wach rufen.
„Mutter wird aussehen, als habe man sie gescholten“
Die Schriftstellerin Helene Flöss erzählt vom Eltern-Sprechtag:
An diesem Tag kam zur Schularbeit am Morgen die Elternsprechstunde
am Nachmittag; deshalb hatte Benno doppelt schlecht geschlafen. Nur an
den Sprechtagen wünschte er sich, ein guter Schüler zu sein.
Auch die Mutter sah der Unterredung mit den Lehrern voller Sorge entgegen.
Irgendwie fand es Benno ungerecht, dass die Mutter in seine eigene Schulgeschichte
hineingezogen wurde und dass man ihr seine kläglichen Leistungen
zum Vorwurf machte.
Die Mutter würde ihm nach der Sprechstunde ein bisschen halbherzig
ins Gewissen reden, Benno würde dasitzen und vor sich hinzeichnen
und wieder einmal alles versprechen. Nach der Unterredung mit den Lehrern
begann Benno regelmäßig in neue Hefte zu schreiben; in der
ersten Woche war seine Schrift sauber, er korrigierte die Fehler mit Tintentod,
aber die Vorsätze hielten nie lange. Die Lehrer würden wieder
traurige Gesichter machen und den Kopf schütteln. Bald würde
es die Mutter aufgeben, seine Zeichenleidenschaft ins Spiel zu bringen,
weil dies die Lehrer doch schon wussten.
Benno war es zuwider, dass die Mutter wie eine Angeklagte von einem
Lehrer zum anderen wechseln und mehrmals die alten Klagen über sich
ergehen lassen musste. Hätten sich die Lehrer zumindest in einem
Raum zusammengesetzt und ihr die Wiederholung erspart! Sie konnte doch
nichts dafür, dass ihn die Schule langweilte. Am Abend würde
die Mutter aussehen, als habe man sie gescholten.
„Wie eine Angeklagte musste sie die Klagen über sich
ergehen lassen“
Benno fand, dass Mutter noch verlegener dastand als die übrigen
nervösen Frauen. Sie zog mehrmals den Merkzettel aus der Tasche,
auf dem sie die Lehrernamen notiert hatte. Benno erinnerte sie daran,
was sie den Lehrern zu sagen und was sie ihnen zu verschweigen hatte.
Sie hörte aufmerksam zu, und Benno wusste, seine Mutter wollte ihm
nicht schaden.
„Sie kommen wie vom Beichten“, sagte sie über die
Frauen, die aus den Klassenzimmern traten. Einige strahlten, als wären
sie gerade prämiert worden, andere schlichen betreten zum Ausgang.
„Alle Väter drücken sich“, sagte die Mutter zu einer
anderen Frau. „Es ist wie immer ein Muttersprechtag“, antwortete
diese. Als sie an der Reihe waren, zog die Mutter ihren Buben hinter sich
her und setzte sich unaufgefordert dem Deutschlehrer gegenüber. Der
Deutschlehrer zog mit dem Finger einen unsichtbaren Strich von der Namensliste
zu den Urteilsbemerkungen und machte aus den paar unleserlichen Sätzen
eine lange Beschwerde.
Benno wäre lieber zu Hause geblieben. Es war gar nicht üblich,
wenn auch nicht verboten, dass die Schüler zur Sprechstunde mitgenommen
wurden. Mutter aber meinte, was die Lehrer zu sagen hatten, ginge doch
Benno mindestens ebenso viel an wie sie selbst. Im vergangenen Jahr hatte
ein Lehrer ihren Benno lang und breit gelobt. Und erst am Schluss war
er draufgekommen, dass er ihn verwechselt hatte mit einem anderen Schüler.
Die Mutter wollte sich und den Lehrern eine neue Peinlichkeit ersparen.
Welche Erfahrungen haben Sie in der Schulsprechstunde gemacht?
-
Helene Flöss erzählt diese Schulgeschichte in Ihrem Buch
„Spurensuche. Erzählungen“ (Innsbruck 1992, Haymon-Verlag)
Was hat Sie an ihrer Schilderung angesprochen? Gehören Sie zu
den „prämierten“ oder „gescholtenen“
Müttern? Haben Sie – ähnlich der Erzählerin –
manchmal den Eindruck, „wie beim Beichten“ reuig sein,
Buße tun und Besserung versprechen zu müssen? Geht es Ihnen
so wie ihr: dass Sie „der Unterredung mit den Lehrern voller
Sorge entgegen sehen“?
-
Mit welchen Gedanken und Gefühlen gehen Sie zum Elternsprechtag?
Was erwarten Sie sich? Freuen Sie sich darauf, mit der Lehrerin
Ihres Kindes zu sprechen? Oder löst das Lehrergespräch Unbehagen
in Ihnen aus? Findet das Gespräch in einer freundlichen Umgebung
statt? Fühlen Sie sich von der Lehrerin gehört und verstanden?
Wird deutlich, dass Sie ein gemeinsames Interesse am Kind verbindet?
-
Kennen Sie das Gefühl, als Mutter oder Vater angesichts des
Lehrerblicks unzulänglich zu sein: Sie haben Ihr Kind für
die Schule nicht passend erzogen, vielleicht etwas versäumt,
von dem der Studienrat sagt, dass er es schließlich nicht „nachliefern“
kann? Sitzen Sie als Mutter auf dem „Prüfstand“?
Oder können Sie ein partnerschaftliches Gespräch führen,
das in Ihnen Zuversicht weckt?
-
Nehmen Sie – wie die Erzählerin – Ihr Kind in die
Schulsprechstunde mit, damit nicht über das Kind gesprochen,
sondern mit ihm die Schulsituation betrachtet wird? Gemeinsame
Lehrer-Eltern-Schüler-Gespräch sind nicht überall üblich.
Könnten Sie an Ihrer Schule anregen, dass die Schüler mitkommen
dürfen?
Anregungen für das Eltern-Lehrer-Gespräch –
Ein Miteinander anstreben
„Zuhören“ fördert das konstruktive
Gespräch
Hören Sie dem Lehrer zu, interessieren Sie sich für seine
Sicht des Kindes, und gehen Sie auf seine Fragen ein. Das erleichtert
es, ihm Ihre Sicht darzulegen. Halten Sie fest an Ihrem Wunsch
nach gutem Kontakt. Zuhören ermöglicht, die Sicht des Lehrers
wahrzunehmen und die eigene Eltern-Sicht zu klären. Für den
anderen „ganz Ohr sein“ unterstützt die Absicht, dass
aus dem Gespräch etwas Gemeinsames herauskommen, und das Trennende
vermindert werden kann.
Bereiten Sie sich gut vor – auch im Gespräch mit
Ihrem Kind
Scheuen Sie sich nicht, einen Zettel zu schreiben und die Notizen mitzunehmen,
damit Sie in der Aufregung nichts vergessen. Machen Sie sich klar, was
Sie der Lehrerin mitteilen möchten und stellen Sie ihr die Fragen,
die Sie interessieren. Bei manchen Themen ist es nötig, sich sachkundig
zu machen: durch die Schulordnung zum Beispiel oder mit pädagogischen
Grundeinsichten. - Sprechen Sie mit Ihrem Kind aufmerksam durch, wie es
selbst seine Situation im Unterricht einschätzt. Und überlegen
Sie mit ihm, was Sie seiner Meinung nach in der Sprechstunde sagen, fragen,
mitteilen sollen. Dadurch erfahren Sie viel über das Kind und sein
Befinden in der Schule. Dabei kommen Sie mit ihm in einen engeren Kontakt.
Bereden Sie nach dem Gespräch mit dem Lehrer, was Sie erörtert
haben – und welche Folgerungen Sie aus dem Gespräch ziehen:
was das Kind verändern kann, wie Sie ihm beistehen können und
worauf der Lehrer achten möchte.
Geben Sie sich selbst und dem Lehrer eine Chance zur Verständigung
Gehen Sie nicht mit dem Vorurteil in die Sprechstunde: „Ich erreiche
ja doch nichts“ und bauen Sie kein „Feindbild Lehrer“
auf. Denn die Feindbild-Erwartung kann den Kontakt von Anfang an stören.
Lassen Sie sich von dem Wunsch leiten, sich zu verständigen. Suchen
Sie nicht nach Schuldigen, sondern versuchen Sie, die Perspektiven aller
Beteiligten zu sehen. Die des Kindes – deshalb kann es hilfreich
sein, wenn das Kind dabei ist – , die der Lehrerin und Ihre eigene.
Wenn es um kritische Punkte des Lehrerverhaltens geht: Ermöglichen
Sie dem Lehrer, sein Gesicht zu wahren. Das ist nicht als „Taktik“
zu verstehen, sondern als Takt. Kritik sollte nicht so vorgebracht werden,
das sich der andere „ertappt“ fühlt und sich rechtfertigen
muss. Vielmehr soll er die Möglichkeit haben, sich selbstkritisch
mit seinem Verhalten auseinander zu setzen – und etwas zu verändern.
Bedenken Sie nicht nur Ihre eigene Angst, sondern auch die
von Lehrern
Wenn Sie Angst vor der Elternsprechstunde haben, dann warten Sie nicht,
bis Sie Ihre Angst überwunden haben, sondern gehen Sie mit
Ihrer Angst hin. Womöglich ist es sogar hilfreich, wenn Sie nicht
versuchen, die Angst zu verbergen, sondern sie in das Gespräch einzubeziehen.
Und denken Sie daran, dass auch Lehrer Ängste vor den Eltern, wie
diese vor den Lehrern. Lassen Sie deshalb erkennen, dass Ihnen vor allem
darin liegt, miteinander ins Gespräch zu kommen, Ihre Anliegen
in nicht-aggressiver Form vorzubringen. Vermeiden Sie, etwas „besser
wissen“ zu wollen, aber tun Sie Ihre eigene Meinung deutlich kund.
Versuchen Sie nicht, den Lehrer zu belehren, sondern machen Sie ihm Ihr
eigenes Denken klar.
Sprechen Sie nicht nur über den „Schüler“,
sondern auch über Ihr „Kind“
Ihr Kind ist ja nicht nur „Schüler“. Lassen Sie die
Lehrerin erkennen, wie Sie Ihr Kind sehen, was in Ihren
Augen seine Vorzüge sind, seine Neigungen, seine Freuden, sein Kummer,
wo seine Hilfebedürftigkeit liegt, wo Sie Nachteile ausgleichen wollen.
Für Lehrerinnen und Lehrer ist es interessant und hilfreich, auch
von anderen Seiten des Schülers etwas zu erfahren, nicht nur von
seinen Schulleistungen. Er hat vielleicht besondere Fähigkeiten,
die in der Schule nicht sichtbar werden, oder Eigenschaften, die der Lehrer
nicht wahrnehmen kann. Da ist es hilfreich, den „Schüler“
als ganze Person zu sehen.
Auch Lehrerinnen und Lehrer brauchen ein „gutes Wort“
Sprechen Sie auch davon, dass Ihr Kind etwas Freundliches aus der Schule
erzählt; oder wenn Sie erkennen, wo sich die Lehrerin besonders für
Ihr Kind einsetzt, oder wenn sie dem Kind ein persönliches Wort zukommen
lässt, oder wenn es von einem Unterrichtsthema begeistert war, oder
wo sie als Mutter merken, dass es besonders gern gelernt hat... Nicht
„Lob“ ist hier gemeint, sondern: die Lehrerin in ihrer oft
schwierigen Aufgabe wahrnehmen und ihr Bemühen um den Lernfortschritt
der Schülerinnen und Schüler anerkennen. Oft freut es Lehrer,
wenn sich die Eltern auch dafür interessieren, wie es Ihnen
geht in ihrer Lehrer-Situation.
Versuchen, Eltern-Lehrer-Konflikte gewaltfrei zu lösen
Wenn es keine Probleme mit Schüler und Lehrer gibt, ist es einfach,
das Gespräch zu führen. Manchmal handelt es sich aber nicht
nur um eine normale Verständigung zwischen Eltern und Lehrern über
die Schulsituation des Kindes. Wenn spezielle Konflikte vorliegen, sollten
Sie mit dem Vorsatz in das Gespräch gehen, den Konflikt gewaltfrei
zu regeln.
Greifen Sie nicht an, sondern lassen Sie sich mit Ihrem Anliegen
begreifen
Wenn der Lehrer zum Beispiel Ihr Kind taktlos behandelt hat, dann erzählen
Sie ihm vor allem, wie bedrückend die Beleidigung auf das Kind gewirkt
hat. Womöglich erfolgte die Kränkung ohne Absicht. Mag sein,
dass der Lehrer abstreitet, das Kind geängstigt oder überfordert
oder bloßgestellt zu haben. Dann beharren Sie nicht auf Ihrer Darstellung,
sondern vertrauen Sie darauf, dass Ihre Mitteilung nachwirkt. Manch herabsetzende
Lehrerbemerkung geschieht im Affekt. Wenn Sie dem Lehrer deren Auswirkung
auf das Kind und seinen Lernwillen mitteilen, kann er sich darüber
Gedanken machen. Werfen Sie ihm hingegen pädagogische Taktlosigkeit
vor – und mag der Vorwurf noch so berechtigt sein – ist es
schwer, das Gespräch produktiv fortzusetzen. Orientieren Sie sich
nicht daran, was Ihrer Meinung nach „falsch“ oder „richtig“
ist, sondern daran, wie etwas auf das Kind wirkt und wie Eltern und Lehrer
pädagogisch helfen können.
Sagen Sie dem Lehrer, was Sie sich wünschen –
aber belehren sie ihn nicht
Bitten Sie ihn zum Beispiel darum, das Kind nicht vor der Klasse an
die Tafel zu rufen, weil es das so sehr ängstigt. Oder schlagen Sie
vor, dass Sie für Ihren Jungen die Hausaufgabe selbst dosieren wollen,
damit er, weil er sich so schwer tut, nicht stundenlang verzweifelt dasitzen
muss. Sprechen Sie nicht von dem, was die Lehrerin „soll“,
sondern davon, was Sie bewegt und was Sie gern verändern möchten.
Vermeiden Sie Überzeugungs-Machtkämpfe, dafür:
wechselseitige Wahrnehmung
Versuchen Sie eine Einstellung zu wahren, die erfüllt ist von dem
Wunsch nach Übereinkunft, nicht vom Rechthabenwollen. Bleiben Sie
bei Ihrem Berührtsein von den Schulproblemen und den Fragen, die
Sie mit der Lehrerin besprechen wollen. Versuchen Sie, nicht „Sieger“
sein und den anderen zum „Verlierer“ machen zu wollen; denn
wo es Sieger und Verlierer gibt, ist die Verständigung missglückt.
Einspruch sollte argumentativ und wo immer möglich mit Handlungsvorschlägen
verknüpft sein, aber nicht persönlich angreifend.
Überlassen Sie das Gespräch nicht nur dem Lehrer,
nehmen Sie es selbst in die Hand
Besonders wenn sich Eltern unterlegen oder ängstlich fühlen,
neigen sie dazu, nur auf das zu re-agieren, was der Lehrer ins
Gespräch bringt. Versuchen Sie bewusst – schon während
Ihrer Vorbereitung – das Gespräch mit zu gestalten. Bringen
Sie Ihre Themen, die des Kindes, und Ihre Fragen
ein. Notieren Sie sich vor dem Gespräch Stichpunkte, damit Sie in
der Aufregung nichts Wichtiges vergessen. Sie können in der Familie
ein Rollenspiel durchführen: Wie eröffnen Sie das Gespräch?
Wie gehen Sie auf die Beschwerde der Lehrerin ein? Wie lassen Sie sich
keinesfalls verleiten, in einen Machtkampf zu geraten? – Hören
Sie dem Lehrer aufmerksam zu, aber bleiben Sie gleichzeitig fest bei dem,
was Sie von sich und Ihrem Kind sagen wollen. Fragen Sie den Lehrer gezielt
um Ratschläge für spezielle Lernprobleme Ihres Kindes. Versuchen
Sie alles, damit das Gespräch weiter gehen kann.
Vermeiden Sie Schuldzuweisung und Vorwurf
Aber lassen Sie sich selbst erkennen: mit Ihrem Denken, Ihrem
Fühlen, Ihren Erfahrungen, Ihrer Zustimmung, Ihren Bedenken, Ihren
Ängsten, Ihren Vorschlägen und Wünschen. Sich mit den eigenen
Ansichten kenntlich zu machen, vermindert die Gefahr eines machtbehauptenden
Gegeneinanders.
Betrachten Sie das Gespräch als Beginn eines Verständigungs-Prozesses
Nicht alle Unterschiedlichkeiten können ausgeräumt werden.
Wenn das Gespräch so endet, dass es weiter geführt werden kann,
haben Lehrer und Eltern viel erreicht: das gemeinsame Bemühen um
Lösungen, mit denen dem Kind und den Erwachsenen geholfen ist. Falls
Sie die Ergebnisse des Gesprächs spärlich finden: Sie können
darauf hoffen, dass jedem der Gesprächspartner etwas nachgeht; denn
es ist wechselseitige Aufmerksamkeit entstanden. Die kann sich für
die Situation des Kindes erleichternd auswirken.
Das Eltern-Lehrer-Gespräch ist ein Prüfstein für
eine demokratische Haltung
Es zeigt, ob wir demokratisch miteinander umgehen, oder ob der Kontakt
einem Untertanen-Verhältnis gleicht, ob sich Eltern in einer Abhängigkeits-Beziehung
sehen, oder in einer gleichwertigen Beziehung. Ob sich Eltern und Lehrer
kooperativ aufeinander einlassen, oder ob sie machtbehauptend dem andern
überlegen sein wollen, ob sie einander autoritär begegnen oder
partnerschaftlich. Die Frage der Eltern-Lehrer-Beziehung könnte im
Elternbeirat, in der Lehrerkonferenz und im Schulforum immer wieder Thema
sein. Dazu sollten alle Beteiligten ihre wechselseitigen Wünsche
ausdrücken. Dann können neue Formen der Eltern-Lehrer-Schüler-Zusammenarbeit
gefunden werden, die dem Begriff „Erziehungspartnerschaft zwischen
Eltern und Schule“ zu lebendiger Praxis verhelfen.
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